Vom Verschenken

Ich bin ja nun Vollblutmama und genieße die Tage sehr, an denen ich meine beiden Kids vom Kindergarten abholen kann. Der Kindergarten ist einer meiner absoluten Happy Places und ich freue mich tatsächlich über jedes einzelne Gesicht dort. Ich nehme mir meist extra Zeit um mich noch zu unterhalten, sowohl mit den Kindern als auch den Erziehern.

So kommt es eben auch manchmal und in letzter Zeit immer öfter, dass die Kinder sich spontan verabreden. Letzte Woche war es wieder so – ein Freund meines Sohnes kam zum Spielen mit nach Hause. Ich habe kurzerhand das Auto stehen lassen und wir sind alle mit unserem Bollerwagen nach Hause gelaufen (ich habe alle gezogen – wer hätte das gedacht).

In unserem Haus spielt sich das Meiste im Erdgeschoss ab. Hier ist die Küche und das Wohnzimmer, die meisten Spielsachen und immer was los. Die Kids spielen also alle schön vor meiner Nase, ich war in der Küche am werkeln, da höre ich wie der Spielfreund mit freudiger Stimme sagt: „Echt? Du willst mir das schenken?“ Da spitzte ich doch mal mehr meine Ohren. Sohnemann darauf: „Jaaa…klar! Ich habe eh genug…“

„…das schenke ich Dir.“

Oha. Vor ungefähr 10 Minuten hatten sie noch eine Diskussion, weil Sohn nicht teilen wollte. Sein Spielzeug. Es ging um den Skorpion. Der ist auch cool – aber Teilen gehört beim miteinander spielen wohl dazu. Teilen geht nicht, aber schenken dann schon?

Ich habe mich kurz gesammelt und darüber nachgedacht. Beim Kaffee. Wie ich das eben so mache. Kurz analysiert: Woher kommt dieser Wunsch, weiß er was schenken bedeutet, fühlt er sich erpresst, erhofft er sich etwas dadurch, was passiert wenn ich es verbiete, muss ich es sogar verbieten? Die letzten beiden Fragen konnte ich mir selbst beantworten. Ich selbst bin ein sehr emotionaler Mensch und freue mich über jedes gut getroffene Geschenk. Dabei muss es nicht immer einen Anlass geben. Wenn ich etwas sehe, was für einen meiner Liebsten passt, dann kaufe und verschenke ich es. Weil mich das Schenken wirklich glücklich macht. Ich habe meinen Kindern genau das vorgelebt und brauche mich nicht wundern, wenn es für sie normal ist, Geschenke zu machen.  Ob ich es verbieten muss, war etwas kniffliger. Immerhin muss ich meine Kinder beschützen und muss sie wohl an der ein oder anderen Stelle vor sich selbst beschützen. Immerhin besteht ein gewisses Risiko, dass der Schmerz über den verlorenen Gegenstand sehr groß wird. Und der Lerneffekt keiner ist, wenn ich den Gegenstand dann kommentarlos ersetze. Der Gegenstand – eine nicht wirklich günstige Tierfigur – wäre dann weg.

Mit halbem Ohr höre ich den beiden weiter zu, mein Sohn scheint sich seiner Sache absolut sicher zu sein. Kein Bedauern zu hören. Der Spielfreund fragt sogar mehrmals nach: „Wirklich? Echt?? Nicht nur geliehen? …. DANKE!“

Er freut sich. Sehr sogar. Und Sohnemann auch. Sie spielen weiter.

Nach meinem Kaffee bot sich die Gelegenheit und ich habe meinen Sohn kurz in die Küche gerufen und ihn gefragt, ob er weiß was schenken heißt. Dass er das Tier nicht wiederbekommt. Auch morgen nicht. Ob er es nicht lieber erstmal verleihen will. Er schüttelt selbstbewusst den Kopf – nein. Das Tier passt gar nicht mehr zu den anderen Tieren und er braucht es wirklich nicht mehr. Gut, ok. Ich gehe nicht weiter darauf ein.

Während es für ihn total normal ist und alles in Ordnung, arbeitet es allerdings in mir. Es ist ein großes Geschenk, eines was man normalerweise zum Geburtstag schenkt. Was macht es wohl mit den Eltern des Spielfreundes? Wie kommen wir als Familie dabei rüber? Großzügig oder eher Großkotzig? Für mich wäre beides falsch an dieser Stelle. Es ist ein Geschenk von Herzen, aus dem Herzen meines kleinen Sohnes. Der seinem Freund etwas schenken will. Aus Liebe. Völlig ungeachtet dessen, was es kostet. Wertfrei bzw. den größten Wert den es eben haben kann. Ich beschließe es loszulassen. Das Geschenk und die Gedanken dazu. Ich nehme mir vor, mit den Eltern kurz darüber sprechen, ihnen zu sagen was passiert ist und warum es passiert ist. Auch, dass ich es wichtig finde meinen Sohn in seiner Entscheidung zu unterstützen.

Gesagt getan. Überrascht waren die Eltern schon, aber nicht negativ. Das Tier ist noch immer weg, verschenkt. Und mein Sohn hat keinen Ton mehr darüber gesagt. Ich habe ihn sicherheitshalber am nächsten Morgen nochmal gefragt, wie seine Gefühle dazu sind. Ob ich das Tier zurückholen soll. Er ist sich absolut im Klaren, was verschenken heißt, seine Entscheidung ist (längst) gefallen. Meine damit dann auch: Sein Glück ist hier, wie immer, auch meins.

Salut et à bientôt, Laura